15. Juni: NSU-Mord an Theodoros Boulgarides

Caro Keller

Theodoros Boulgarides wurde 1964 in Triantafyllia in Griechenland geboren. Er wuchs teilweise bei seiner Großmutter auf, bis ihn seine Eltern im Alter von neun Jahren nach München nachholten, wo sie bereits gearbeitet hatten. Nach Schule und Ausbildung trat Theodoros Boulgarides eine Stelle bei Siemens an. Dort lernte er seine spätere Frau kennen. Die beiden heirateten und bekamen zwei Töchter.

Theodoros Boulgarides war Mitinhaber eines Schlüsseldienstes im Münchener Westend, den er zusammen mit einem Freund eröffnet hatte. Dort wurde er am 15. Juni 2005 vom NSU ermordet. Zum Zeitpunkt des Mordes gab es den Laden gerade einmal zwei Wochen. Seine Frau Yvonne Boulgarides sagte in ihrem Plädoyer im NSU-Prozess: „Ich weiß, dass mein Mann gern gesehen hätte, wie seine kleinen Töchter zu Frauen herangewachsen sind. Wie gern er seine Mädchen zum Traualtar geführt hätte oder wie stolz er gewesen wäre, als seine Enkeltochter geboren wurde. Ich weiß auch, wie viele der hier beteiligten Nebenkläger geliebte Menschen verloren haben oder anderes Leid erfahren mussten. Aber ich weiß auch, dass wir die Zeit nicht zurückdrehen können. Eines aber können wir tun: Nicht aufhören zu fragen.“

Theodoros Boulgarides war das siebte Opfer der NSU-Mordserie, er wurde nur sechs Tage nach dem Mord an İsmail Yaşarin in Nürnberg erschossen. Es war schnell klar, dass der Mord an Theodoros Boulgarides mit diesem und den anderen Morden zusammenhängt. Trotzdem richteten sich die Ermittlungen auch hier gegen das Umfeld des Ermordeten. Wolfgang Fe., der Geschäftspartner von Theodoros Boulgarides, fand den Leichnam seines Freundes im gemeinsamen Laden. Er berichtete im NSU-Prozess zu den Folgen der Tat: „Die totale Zerstörung, würde ich sagen. Nicht nur für die Angehörigen.“ Für ihn sei in der Folge eine Beziehung daran zerbrochen, er habe Geld, Kundschaft und Mitarbeiter verloren. Monatelang seien er und andere immer wieder vorgeladen worden: „Die wollten uns in den Dreck ziehen und das haben sie auch geschafft.“

Die Familie von Theodoros Boulgarides kämpft bis heute um Aufklärung. Seine Tochter Mandy Boulgarides schrieb zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU: „Ich will, dass alle Personen die mit dem NSU-Terror und dem ganzen Komplex in Verbindung stehen dafür zur Verantwortung gezogen werden. Ich wünsche mir, dass Menschen keine Angst haben, für ihre Rechte oder die ihrer verstorbenen Angehörigen zu kämpfen und Fragen laut in die Gesellschaft zu schreien. […] Wir werden nicht aufhören zu fragen. Es wird endlich Zeit für klärende Antworten.“

 

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