15. März: Internationaler Tag gegen Polizeigewalt

Laura Kotzur

Der internationale Tag gegen Polizeigewalt entstand auf Initiative von C.O.B.P. (Collectif Opposé à la Brutalité Policière) aus Montréal und dem anarchistischen Kollektiv Black Flag aus der Schweiz. Der Tag erinnert an einen brutalen Übergriff der Schweizer Polizei am 15. März 1996 auf zwei Kinder. Dass dieser Tag seit 1997 international in vielen Teilen der Welt begangen wird, ist gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden transnationalen Vernetzung von Polizeistrategien und -technologien besonders relevant. Während ein polizeikritischer Blick aus nationalstaatlicher Perspektive immer mehr im öffentlichen Diskurs ankommt, finden die globalen Verknüpfungen von Militarisierung und polizeilichen Praktiken weniger Beachtung. Dabei sind Polizeimissionen, also die Entsendung von Polizist:innen, längst wesentlicher Bestandteil von außen- und sicherheitspolitischen Interventionen durch die Vereinten Nationen oder die Europäische Union. Als vermeintlich „zivile“ Kräfte, sollen sie durch Beratung und Ausbildung von Sicherheitskräften und durch Reformen der Sicherheitsinstitutionen für mehr Sicherheit und Stabilität sorgen. Dabei werden Aufstandsbekämpfung, die Niederschlagungen von friedlichen Protesten, die Stärkung schon bewaffneter Kräfte und staatlicher Gewalt für die eigenen neokolonialen Interessen wie Flucht- und Migrationsbekämpfung in Kauf genommen/benutzt. 

Vor diesem Hintergrund ist es gerade am internationalen Tag gegen Polizeigewalt naheliegend, auf die Kolonialität und inhärente Gewalt des globalen Polizierens hinzuweisen. Schon Frantz Fanon schrieb, dass in den Kolonien die brutalen Praktiken von Militär und Polizei verschwimmen. Die mit internationalen Polizeieinsätzen einhergehende Militarisierung der Polizei setzt diese Dynamik weiter fort, bringt sie aber auch zurück in die ehemaligen Zentren des Kolonialismus, wo die Idee einer „zivilen“ Polizei vorherrscht, die für den Schutz der Bürger:innen zuständig ist. Ganz zentral zeigten die Black Panthers in den 1960er Jahren jedoch schon, das auch die Polizei in den ehemaligen kolonial-imperialistischen Metropolen Formen kolonialer Gewalt auf Bürger:innen anwendet. Durch rassistisches Othering werden, so ihre Analyse, Bürger:innen als gefährlich und minderwertig konstruiert und damit als koloniale Subjekte markiert. Die Grenzen zwischen polizeilich „ziviler“ und militärischer Gewalt verschwimmen dann genau wie die Grenzen zwischen (neo)kolonialer Peripherie und Metropole. 

Seit 1990 sind mehr als 250 rassifizierte Personen in Polizeigewahrsam in Deutschland gestorben. Laut Death in Custody wurden im letzten Jahr mindestens 20 Personen in Deutschland durch rassistische Polizeigewalt getötet. Darunter Gizo Brigvadze, Ertekin Özkan, Vitali Novacov, Denys P., Mamadou „Johnson“ B. und in diesem Jahr Ibrahima Barry. Neben ihnen noch viele weitere Menschen, deren Namen wir nicht kennen sowie weitere, die zur Dunkelziffer zählen. 

In Berlin erinnert seit 2020 das Mahnmal auf dem Oranienplatz an sie. Am Internationalen Tag gegen Polizeigewalt gedenken wir den Opfern, Überlebenden und Angehörigen von Polizeigewalt. Es ist auch ein Tag, an dem der Kampf gegen Polizeigewalt gewürdigt wird und an dem wir uns daran erinnern, dass eine Welt ohne Polizei möglich ist. 

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