Am 2. August jährt sich die Ermordung der letzten im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verbliebenen Sinti* und Roma*. SS-Angehörige töteten in der Nacht auf den 3. August 1944 in Gaskammern über 4.300 Menschen – zumeist Frauen, Kinder und alte Menschen. Die Gesamtzahl der Opfer des Porajmos, des Genozids an den europäischen Sinti* und Roma* im Nationalsozialismus, wird auf bis zu 500.000 geschätzt. Roma* und Sinti* wurden ebenso wie Jüdinnen*Juden aus rassenpolitischen Motiven europaweit systematisch erfasst, entrechtet, ausgegrenzt, beraubt, deportiert und vernichtet.
Seit 2012 erinnert am Simsonweg im Berliner Tiergarten Dani Karavans Denkmal an sie. Ein Ort, „an dem es nichts gibt. Keine Worte, keine Namen, kein Metall, keinen Stein. Nur Tränen, nur Wasser, umringt von den Überlebenden, von jenen, die sich des Geschehenen erinnern, von denen, die das Grauen kennen, und anderen, die es nicht kannten“, wie Dani Karavan selbst sagte. Nur das Gedicht „Auschwitz“ des italienischen Komponisten Santino Spinelli umrandet den runden Brunnen. 2022 kamen dann doch Namen und Gesichter von neun Ermordeten und Überlebenden des Völkermords hinzu. Sie stehen nicht nur für die Gräueltaten gegen Unschuldige, sondern vor allem für Selbstbehauptung und Widerstand, für den Willen zu leben und sich trotz des durch nichts wiedergutzumachenden Leids für die Gesellschaft einzusetzen. Es war mir eine große Ehre, neun animierte Kurzfilme zu gestalten, die am Denkmal die Biographien bildlich darstellen.
Doch was bedeutet das Erinnern und Gedenken in einem Europa des erstarkenden Faschismus, der Kriege und der gesellschaftlichen Spaltung? Wie ist Gedenken in einer Gesellschaft möglich, die es zulässt, dass das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti* und Roma* Europas durch ein S-Bahnbauprojekt irreparabel beschädigt wird? Dass Roma* bis heute ein menschenunwürdiges Leben in Moldau oder in den Balkanländern führen und abgeschoben werden, selbst wenn ihre Vorfahren in Auschwitz ermordet wurden? Die inflationär strapazierte „Verantwortung aus der Geschichte“ findet gerade auch im Falle der Roma* und Sinti* kaum statt. Die Politik und Gesellschaft sind immer noch gefordert, ihren Auftrag wahrzunehmen. Denn Gedenken muss Verändern heißen.