Es ist mittlerweile eine beinahe traurige Tradition, jedes Jahr auf den sogenannten Equal Pay Day hinzuweisen. Das Datum beziffert seit 2008 den Tag im neuen Kalenderjahr, bis zu dem Frauen rechnerisch weiterarbeiten müssten, um auf dasselbe Gehalt zu kommen, das Männer in denselben Berufen im Laufe des Vorjahrs verdient haben. Dieses Jahr fiel der Equal Pay Day auf den 7. März – und damit unmittelbar vor den Internationalen Frauentag, der durch die Erhebung zum Feiertag (in Berlin) noch mehr dazu verleitet, emanzipatorische Handlungen durch symbolische Gesten zu ersetzen.
Diese symbolischen Gesten haben inzwischen etwas so Bitteres und Zynisches.
Frauen verdienen nicht nur im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer, in der Hochphase der Corona-Krise waren es zudem wieder einmal überwiegend Frauen, die die Arbeitszeit verringern mussten, um sich mehr um Kinder und Pflegebedürftige kümmern zu können.
Ich habe mich in den letzten Tagen häufig gefragt, wie die Männer, die vor Wochen eine Politikerin wie Annalena Baerbock noch als eine Art Schulsprecherin infantilisierten, um sie schließlich nach ihrer UN-Rede plötzlich zu heroisieren – wie diese Männer ihren eigenen Frauen privat begegnen.
Denn nirgendwo sonst ist das Private so politisch wie in der Frauenfrage. Vielleicht lässt sich deshalb ein Diktator wie Putin ein paar Tage vor dem Frauentag mit Stewardessen der russischen Fluglinie Aeroflot fotografieren? Und wussten Sie, dass Diktator Putin 18 Tage vor seiner Wahl zum russischen Präsidenten im Jahr 2000 ganz viel Wert darauf legte, zum internationalen Tag der Frauen eine Weberei zu besuchen, um im Blitzlichtgewitter der Fotografen den fleißigen Arbeiterinnen rote Nelken zu überreichen? Es lassen sich mit derlei hohlen Symbolen eben doch noch Wahlen gewinnen. Oder zumindest schöne Bilder generieren.
Und auch heute wird uns irgendjemand gratulieren. Wozu wird eigentlich gratuliert? Zu dem Kampf der Frauen um Gleichstellung und den Erfolgen, die damit bisher erzielt wurden? Zum Frausein an sich? Zu dem, was Frauen in der Gesellschaft leisten? Könnten die zahlreichen Hände, die uns heute gereicht werden, vielleicht mal was tun, statt nur zu schütteln?
Aber kurz werde auch ich mich darüber freuen. Einfach, damit ich selbst mal kurz vergessen kann, dass ich in der Menschheit als Frau nach wie vor an zweiter Stelle stehe.