1. März: Atomwaffentest im Bikini-Atoll

Andrea Hanna Hünniger

Es war der 1. März 1954, 6:45 Uhr als die Vereinigten Staaten von Amerika gerade in mehr als 320 Kilometern Entfernung ihre kraftvollste je getestete Waffe gezündet hatte: Beim Atomtest „Castle Bravo“ hatten sie zwei Meter über dem Boden des Bikini-Atolls eine Wasserstoffbombe zur Explosion gebracht. Und weil sich die Experten getäuscht hatten, war die Zerstörungskraft mehr als doppelt so stark wie vorausgerechnet. Sie lag beim Tausendfachen der Atombombe von Hiroshima. Der Atompilz wuchs 40 Kilometer in die Höhe.

Früher gab es an der Stelle des Tests drei Inseln, jetzt ist da nur noch ein Loch. Der Krater hat demnach noch heute einen Durchmesser von 1400 Metern und ist 56 Meter tief.

Dort waren Bomben mit dem Codenamen „Able“ und „Baker“ gezündet worden: Die erste in 160 Metern Höhe über dem Boden nach dem Abwurf aus einem Bomber, die zweite unter Wasser, in 27 Metern Tiefe. Außerdem analysierte das Team die Umgebung der Tests „Castle Bravo“ und „Castle Charlie“ aus dem Jahr 1954.

Heute gehört das Bikini-Atoll zum Staat der Marshallinseln, insgesamt feuerten die USA dort zwischen 1946 und 1958 nicht weniger als 22 Atomwaffen ab. Auch das benachbarte Eniwetok-Atoll wurde bei weiteren mehr als 40 Atomtests schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ein Teil der strahlenden Abfälle wurde dort in einer oberirdischen Atommülldeponie gelagert, die undicht zu werden droht.

Mit den „Crossroads“-Tests wollten die US-Militärs vor allem herausfinden, wie eine Flotte einen atomaren Angriff übersteht. Dafür wurden mehr als 200 ausgemusterte Schiffe ins Zielgebiet geschleppt, zum Teil auch Kriegsbeute aus Japan und Deutschland. Viele von ihnen liegen bis heute als Wracks in der Lagune.

Die US-Regierung hatte das Bikini-Atoll als Testgebiet ausgewählt, weil es weitab von allen Schifffahrts- und Flugverkehrsrouten lag. „Sobald der Krieg zu Ende war, entdeckten wir den einzigen Punkt auf dieser Erde, der vom Krieg unberührt geblieben war und schickten ihn zur Hölle“, kommentierte der US-Entertainer Bob Hope damals.

Die USA haben den Marshallinseln über die Jahre rund eine Milliarde Dollar an Entschädigung für die Tests gezahlt. Viele der damals auf andere Inseln umgesiedelten Einwohner und deren Nachfahren leben noch immer im Exil. Bikini ist de facto unbewohnt. Ein Gutachten der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) kam allerdings vor 20 Jahren zu dem Schluss, dass Menschen im Prinzip wieder auf dem Atoll leben können. Sie sollten sich allerdings wegen der Strahlenbelastung hüten, lokale landwirtschaftliche Produkte zu verzehren.

Wenn die Bewohner zurückkehren, endet die Unterstützung der USA. Die Begeisterung der jüngeren Nachfahren ist deswegen überschaubar. Zumal der Boden noch immer radioaktiv belastet ist. Die Isotope reichern sich in den Kokosnüssen und in den Krebsen an.

Im Frühjahr 2014 haben die Marshallinseln vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag acht Atommächte verklagt. „Unser Volk hat durch diese Waffen katastrophalen und irreparablen Schaden erlitten“, sagte Tony de Brum, führender Kopf hinter dem Verfahren damals. Im Jahr darauf bekam er, stellvertretend für alle Bewohner seines Landes, den Alternativen Nobelpreis.

 

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