Februar steht weltweit im Zeichen des Black History Month. Was 1926 in den USA als damals noch „Negro History Week“ begann, hat sich längst zu einer globalen Bewegung afro-diasporischer Erinnerungsgeschichten entwickelt. Auch in Deutschland gewinnt der Gedenkmonat seit den 1990er Jahren an Bedeutung. Doch die Geschichte des Schwarzen Aktivismus in Deutschland ist komplex, geht historisch viel weiter zurück und ist erinnerungsgeschichtlich nicht zuletzt auch von der deutsch-deutschen Teilung geprägt.
So beanspruchte die DDR offiziell für sich eine antirassistische Staatsideologie. Der sozialistische Staat präsentierte sich gern als Vorkämpfer für die Rechte unterdrückter Völker und in Solidarität mit jungen postkolonialen Ländern des globalen Südens wie Angola, Mosambik oder Vietnam. In der DDR selbst machten Schwarze Menschen dennoch Erfahrungen von strukturellem wie Alltagsrassismus. Sie erlebten trotz offiziellem staatlichen Schutzes rassistisch motivierte Gewalt, Ausgrenzung und Diskriminierung. Selbstorganisierungen von so genannten Vertragsarbeiter*innen und seit den 1980er Jahren von der jungen Generation Schwarzer DDR-Bürger*innen wurden trotz staatlicher Verbote und Begrenzungen vielerorts wichtige Unterstützungsräume und Netzwerke für informelles Wissen. Sie gab es in kleinen Städten, aber vor allem in den Zentren Leipzig, Dresden und Ost-Berlin.
Die BRD bot ein anderes Bild. Hier entwickelten sich ab den 1980er Jahren Graswurzelbewegungen wie ADEFRA – ein Schwarzes queerfeministisches Kollektiv, ehemals Afrodeutsche Frauen, jetzt Schwarze Frauen* in Deutschland und die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD, ehemals Initiative Schwarzer Deutscher). Diese Organisationen konnten relativ frei agieren und setzten sich für die Rechte und Sichtbarkeit Schwarzer Menschen ein. Sie prägten den Diskurs nachhaltig und legten den Grundstein für viele Initiativen, die noch heute existieren. In ihren Treffen, Veranstaltungen und Workshops machten sie Alltagsrassismus und rassistisch motivierte Gewalt in der BRD besprechbar und entwickelten positive Selbstbezeichnungen.
Die Wendezeit markierte einen einschneidenden Moment für Schwarze Menschen und People of Color in beiden deutschen Staaten. Besonders in Ostdeutschland führte die zunehmende rassistische Gewalt nach 1989 zu einer Situation, die später als „Baseballschlägerjahre“ bekannt wurde. Die Transformationsjahre nach der deutschen Vereinigung waren aber auch davon geprägt, dass Schwarze Menschen beider deutscher Staaten zueinander fanden und zumeist in den beiden Selbstorganisationen ADEFRA und ISD ihre kollektive Selbstverortung im Verhältnis zum afrikanischen Kontinent und innerhalb einer afro-diasporischen Community stärkten. Dies erfolgte vor allem auch durch die Organisation von Veranstaltungen zum Black History Month, der eine wichtige Plattform bot, um Schwarze Identitäten, historische Präsenzen in Deutschland und deren Geschichten erinnerungsgeschichtlich zu erforschen, weiterzutragen und sich anzueignen. Der Black History Month wird durch die Schwarzen Communities über die letzten 30 Jahre regelmäßig ausgerichtet und richtet sich sowohl an die Communities selbst als auch an die Mehrheitsgesellschaft. Er ist damit mehr als nur ein Gedenkmonat – er ist eine Aufforderung an die gesamte Gesellschaft, sich mit der Geschichte und Gegenwart des Rassismus auseinanderzusetzen und aktiv an einer gerechteren Zukunft zu arbeiten.
Der Februar, der zunehmend durch den Einfluss Schwarzer queerfeministischer Aktivist*innen eine stärkere intersektionale Ausrichtung erfuhr, macht dies immer mehr in Titeln wie Black Herstory/ Ourstory Month deutlich. Er ist damit bereits selbst zu einem Erinnerungsinstrument geworden, sich politisch wie gesellschaftlich nicht nur im kürzesten Monat des Jahres die Geschichte Schwarzer Menschen im eigenen Land und im globalen Kontext zu vergegenwärtigen, sondern vor allem auch die Anstrengungen zu intensiveren, um strukturellen wie Alltagsrassismus abzubauen.